Fokus
Institut ICT & Medien
Seit 2019 besteht am Institut ICT & Medien (IIM) der Bereich «Forschung & Entwicklung», der Forschungs- und Entwicklungsprojekte in einem breiten Themengebiet rund um Digitalisierung und Bildung bearbeitet. In der Medienbildung sind Fragestellungen zum Einsatz und zur Wirkung von digitalen Medien in Lehr- und Lernkontexten von Interesse, während die Schwerpunkte in der Informatikdidaktik bei «Making» als didaktischem Ansatz im Unterricht sowie beim Thema «Computational Thinking» liegen. Im Mai 2020 lancierte der neu gegründete Bereich sein erstes Forschungsprojekt «Assessing the development of computational thinking skills through an intelligent tutoring system: an exploratory study in the cantons of St Gallen, Vaud and Ticino», das im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP77 «Digitale Transformation» durchgeführt wurde. Das IIM fungierte dabei als Kooperationspartner der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana – Dipartimento formazione e apprendimento (SUPSI-DFA) und des Istituto Dalle Molle di Studi sull’Intelligenza Artificiale (IDSIA). Ein weiteres Highlight war im Sommer 2021 die Durchführung der wissenschaftlichen Konferenz «FabLearn Europe» als Gastgeber in Rorschach.
«Making macht Schule» – ein Framework für makerorientiertes Lernen
Making und der makerorientierte Lernansatz haben sich zu Kernentwicklungsthemen innerhalb der Fachdidaktik «Medien und Informatik» entwickelt. Die Umsetzung ist allerdings auf vielschichtige Weise komplex und erfordert von Lehrpersonen ein grosses Mass an unterschiedlichsten Kompetenzen.
Wie kann Making dennoch gelingen?
Folgende Fragestellungen bildeten die Ausgangslage für das vorliegende Entwicklungsprojekt:
- Welche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sind erforderlich, um makerorientiertes Lernen in der Volksschule umzusetzen?
- Wie kann die Komplexität von ergebnisoffenen Lernsettings reduziert werden, ohne die Kreativität und die Freiheit der Lernenden einzuschränken?
- Mit welchen Ausprägungsformen lässt sich der Unterricht hin zu einer makerorientierten Didaktik (projekt- und problembezogen) transformieren?
- Wie können digitale Werkzeuge die Umsetzung von makerorientiertem Unterricht unterstützen?
- Welche Rahmenbedingungen und Ressourcen (z.B. personell, finanziell, strukturell und baulich) sind notwendig, um eine makerorientierte Didaktik an der Schule zu etablieren?
- Wie müssen didaktische Lernsettings, Inhalte und Lernarrangements gestaltet werden, um einen konstruktivistischen, makerorientierten Ansatz zu ermöglichen?
- Welche überfachlichen Kompetenzen (Human Skills) lassen sich in makerorientierten Unterrichtssettings aufbauen?
Im Rahmen des dreijährigen Entwicklungsprojekts «Making macht Schule» wurde ein handlungsleitendes Rahmenmodell erarbeitet. Das Ziel dieses Frameworks besteht darin, einen praxisbezogenen Rahmen zu skizzieren, anhand dessen makerorientierter Unterricht in der Schule erfolgreich geplant und durchgeführt werden kann. Dabei haben sich fünf Dimensionen herauskristallisiert, die für Konzeption, Implementation, Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und Beurteilung von Making-Aktivitäten in der Schule bedeutsam sind.
Fünf Dimensionen «Making macht Schule».
Jede der fünf Dimensionen legt den Fokus auf einen Teilbereich oder einen Aspekt von makerorientierten Lernszenarien und leitet Lehrpersonen durch den Prozess der Vorbereitung, Planung, Durchführung und Evaluation von makerorientierten Lehr- und Lernszenarien. Dies soll Lehrperson dabei helfen, die Komplexität von Making in der Schule zu durchdringen, die notwendigen Voraussetzungen für eine gelingende Umsetzung zu schaffen sowie Ängste und Vorurteile abzubauen. Dabei bleibt es aber nicht nur bei theoretischen Betrachtungsweisen. Es wurden auch konkrete Beispiele, Unterrichtsmaterialien und Vorlagen für die Praxisumsetzung entwickelt und auf unterschiedlichste Weise erprobt. So wurde das Framework einerseits in der Lehre mit Studierenden aus den Studiengängen «Kindergarten- und Primarstufe» und «Sekundarstufe I» in verschiedenen Lehrmodulen getestet und evaluiert. Andererseits wurde es in der Weiterbildung mit Lehrpersonen und angehenden Medienpädagoginnen und Medienpädagogen unter anderem im CAS «Medienpädagogik» getestet. Zudem fanden von 2019 bis 2020 mehrere Erprobungsworkshops mit Schulklassen statt. So hat beispielsweise eine 6. Klasse aus Kreuzlingen unter der Leitung von Dozierenden aus dem Institut ICT & Medien an der SWISE-Tagung im Jahr 2019 in der OLMA-Halle anhand des Frameworks Prototypen zur Reinigung der Weltmeere vom Plastikabfall entwickelt. Diese wurden dem interessierten Fachpublikum am Ende der Tagung von den Schülerinnen und Schülern auch noch persönlich vorgestellt und präsentiert.
Youtube-Beitrag im Rahmen der SWiSe-Tagung 2019.
Bei der Umsetzung solcher Making-Projekte fliessen Elemente aus unterschiedlichsten Fach- und Tätigkeitsbereichen zusammen. Charakteristisch ist hierbei die Kombination von traditionellen Kreativitäts- und Handwerkstechniken, Werkzeugen und Materialien mit digitalen, elektronischen und mechanischen Komponenten und Fertigungsmethoden (z.B. Programmieren, Robotik, 3D-Druck, Laserengraving und Vinylcutting etc.).
Schülerin bei der Programmierung ihres Prototyps.en
Bei der Entwicklung des Frameworks hat sich das Entwicklungsteam aus dem Institut ICT & Medien an Methoden wie Design-Based Research (DBR) und Design Thinking (DT) orientiert. Ausgehend von der Fragestellung «Wie könnten wir Schülerinnen und Schüler heute bestmöglich für ihre Zukunft von morgen vorbereiten?» hat das Projektteam Dutzende Befragungen und Gespräche mit unterschiedlichsten Personen aus dem Bildungswesen, der Wirtschaft, der Politik und der Bevölkerung geführt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden anhand der Design-Thinking for-Education-Methode weiterverarbeitet und verdichtet. In den letzten drei Jahren wurde das Konzept des Frameworks auf der Grundlage von Erfahrungen und Rückmeldungen in einem iterativen Prozess stetig weiterentwickelt und erweitert. Daraus ist nun ein Themenheft entstanden, in dem alle Ergebnisse zusammengefasst und in einer ersten Fassung veröffentlicht wurden. Das Themenheft wurde im Rahmen der jährlichen Vernetzungstagung «MIA21» im Sommer 2021 der Fach-Community des Fachbereichs «Medien und Informatik», die sich aus Vertreterinnen und Vertretern anderer Pädagogischer Hochschulen zusammensetzte, präsentiert und diskutiert.
Skizze eines Prototyps von Studierenden der Blockwoche «Making macht Schule» im Studiengang «Kindergarten und Primarstufe».
Die Weiterentwicklung, Umsetzung und Erforschung des makerorientierten Lernansatzes soll vom Institut ICT & Medien im Kontext der IT-Bildungsoffensive auch weiterhin vorangetrieben werden. So werden ab Sommer 2022 im Teilprojekt «Modellschulen» beispielsweise drei ausgewählte Modellschulen mit dem Entwicklungsszenario «Makerorientiertes Lernen» arbeiten. Dabei soll der didaktische Ansatz auf breiter Basis erprobt, diskutiert und evaluiert werden. Die beteiligten Schulen und Lehrpersonen werden dadurch zu Akteurinnen und Akteuren in der Entwicklung eines innovativen, handlungsorientierten und explorativen Lehr- und Lernansatzes. Dabei dürfen geltende Setzungen und Strukturen bewusst infrage gestellt und bei Bedarf aufgeweicht werden. Das handelnde und problemlösungsorientierte Tun der Schülerinnen und Schüler steht im Zentrum, weshalb auch die Grenzen von Fächern, Lektionen und Räumen ineinanderfliessen und Platz für ein ergebnisoffenes Miteinander schaffen. Zentral sind eine positive Fehlerkultur sowie eine problemlösungsorientierte und phänomengetriebene Neugierde aller Beteiligten. In einem solchen Setting verändern sich idealerweise nicht nur die Rolle und das Selbstverständnis der Lehrperson, sondern auch die Art und Weise, in der wir in der Schule zukünftig zusammen lernen, forschen, entdecken und arbeiten.
Nicht zuletzt stellt das Entwicklungsgebiet der «makerorientierten Didaktik» auch ein vielversprechendes und ergiebiges Forschungsfeld dar, das in den nächsten Jahren von der PHSG aktiv bearbeitet werden wird.
Kooperation:
swissuniversities
Laufzeit:
2016 bis 2021
Finanzierung:
Hasler Stiftung
Leitung:
Manuel Garzi
Team:
Dorit Assaf, Simon Hefti, Marcel Jent
Laufzeit
2019 bis 2021
Finanzierung
Akademien der Wissenschaften Schweiz
Leitung
Francesco Mondada (EPFL)
Laufzeit
2016 bis 2021
Finanzierung
Lehrmittelverlag St.Gallen
Leitung
Martin Hofmann
Im Physical Computing geht es um die Verbindung der virtuellen mit der physischen Welt über die Programmierung von Mikrocontrollern für die Steuerung von Sensoren und Aktoren. Dieser Ansatz ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, eigene Ideen auszuprobieren und interaktive Dinge zu bauen, die Spass machen. So entstehen beispielsweise Minigolfanlagen mit beweglichen Hindernissen, interaktive Bilderrahmen, Klavierhandschuhe oder ferngesteuerte Fahrzeuge. Das Themenheft liefert die theoretischen Grundlagen zu Physical Computing. Die dazugehörigen «micro: bit Challenge Cards» bieten einen niederschwelligen Einstieg in das Thema und dienen als Nachschlagewerk für die Umsetzung eigener Projekte. Das Projekt wird laufend weiterentwickelt und optimiert.
Laufzeit
2019 bis 2021
Finanzierung
Hasler-Stiftung
Leitung
Dorit Assaf
Laufzeit
2020 bis 2021
Leitung
Johannes Gunzenreiner