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Fokus

In ihrer Vision hält die PHSG fest, dass sie zukünftige Entwicklungen in der Bildung antizipieren möchte und sich als wichtige Akteurin der Wissensgenerierung und des Wissens- und Kompetenztransfers versteht. Damit trägt sie zum Verstehen, zur Gestaltung und zur Innovation von Bildungsprozessen bei. Die enge Verbindung von Wissenschaftsbasierung und Praxisorientierung ist ein zentrales Element der künftigen Strategie und der Weiterentwicklung der PHSG mit dem Ziel, eine hohe Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung zu erreichen.

Basierend auf der Vision und den Strategiezielen der PHSG sind im Jahr 2021 für den Leistungsbereich Forschung & Entwicklung sechs strategische Leitideen entwickelt worden. Im Prozess der Strategieentwicklung wurden Perspektiven aus allen vier Leistungsbereichen einbezogen, um so ein breit abgestütztes, gemeinsames Verständnis der strategischen Leitideen und Aufgaben von Forschung & Entwicklung zu schaffen:

  1. Bereitstellung von fundiertem Wissen als Kernaufgabe einer Hochschule,
  2. Förderung des wissenschaftlichen Diskurses als Hochschulkultur,
  3. Praxisrelevanz als gemeinsame Aufgabe von Forschung & Entwicklung, anderen Leistungsbereichen und Bildungspraxis,
  4. Sicherung der wissenschaftlichen Qualität,
  5. Verhältnis zwischen Generischem und Fachspezifischem – Kohärenz stärken,
  6. Personalentwicklung und Nachwuchsförderung

Zur Umsetzung der strategischen Leitideen tragen insbesondere die zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsprojekte bei, die an den Instituten durchgeführt werden.

Im Folgenden soll am Beispiel der Lernfördersysteme des Kantons St.Gallen aufgezeigt werden, wie die Leitideen umgesetzt und für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung sowie die Bildungspraxis nutzbar gemacht werden können.

Wissenszirkulation am Beispiel der Lernfördersysteme

Die Lernfördersysteme «Lernlupe» (Zyklus 2, 3. bis 6. Klasse) und «Lernpass plus» (Zyklus 3, 7. bis 9. Klasse) sind digitale Lehr-Lern-Plattformen zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler. Durch die Standortbestimmungen mittels des Stellwerk-Tests und die Jobskills-Plattform unterstützen sie zudem die Berufsorientierung der Jugendlichen. Lernlupe und Lernpass plus werden an den Schulen vieler Deutschschweizer Kantone breit eingesetzt und weisen in der Bildungslandschaft somit eine hohe Praxisrelevanz auf.

Im Rahmen einer seit August 2021 bestehenden Kooperationsvereinbarung mit dem Lehrmittelverlag St.Gallen beteiligt sich die PHSG umfassend an der Weiterentwicklung der Lernfördersysteme. Die PHSG übernimmt die Gesamtverantwortung für die Entwicklung der Inhalte, insbesondere für den Aufgabenpool mit den Test- und Übungsaufgaben, sowie für die Psychometrie. Ebenso ist die PHSG an der konzeptionellen Weiterentwicklung und an der Weiterbildung von Lehrpersonen zur professionellen Nutzung der Lernfördersysteme beteiligt.

Um die Qualität der Lernfördersysteme weiterzuentwickeln, werden fundierte Kompetenzen aus der Fachdidaktik (Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften), der Kompetenzdiagnostik sowie dem technologiegestützten Lernen gebündelt. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit unter Einbezug der Schulpraxis fördert ein Umfeld für innovative und praxistaugliche Lösungen. Über die beteiligten Lehrpersonen, wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Dozierenden fliessen die gewonnenen Erkenntnisse wiederum in die Ausbildung von Lehrpersonen und in die Entwicklung von Weiterbildungsangeboten ein. Diese Wissenszirkulation zwischen den an den Lernfördersystemen Beteiligten zeigt beispielhaft auf, wie Forschungserkenntnisse und wissenschaftliche Expertise für die Schulpraxis nutzbar gemacht werden und umgekehrt die PHSG mit Blick auf ihre Angebote in der Aus- und Weiterbildung profitieren kann.

Umsetzung der Leitideen von Forschung & Entwicklung

Zuallererst wird am Beispiel der Lernfördersysteme offenkundig, dass Praxisrelevanz von wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht einseitig durch Forschende erzeugt werden kann, sondern wechselseitig konzipiert sein muss und als gemeinsame Aufgabe zu verstehen ist (vgl. Leitidee 3). Die «Praxis» muss bereit sein, neues Wissen oder kontroverse Befunde aus der Forschung zu rezipieren – und die Forschung muss ihrerseits bereit sein, Impulse aus Praxiskontexten aufzugreifen.

Dies erfordert eine gemeinsame Sprache sowie gegenseitiges Verständnis für die Anliegen und Herausforderungen in den je anderen Kontexten – eine Anforderung, die mit dem doppelten Kompetenzprofil eingelöst werden soll. Die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache ist indes nicht nur für die Wissenszirkulation zwischen Forschung und Praxis relevant, sondern auch um die Kohärenz in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung zu stärken (vgl. Leitidee 5). Die intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung in Projekten wie der Weiterentwicklung der Lernfördersysteme, in denen wissenschaftliche Mitarbeitende und Dozierende aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen zusammenarbeiten, kann der Entstehung von «Parallelwelten» an der PHSG, beispielsweise zwischen Fachdidaktiken und der Allgemeinen Didaktik, entgegenwirken und die Entwicklung eines gemeinsamen Grundverständnisses zu Bildungsprozessen in Schule und Unterricht fördern.

Die Projektzusammenarbeit und damit verbunden die kontinuierliche Auseinandersetzung mit Fachinhalten und wissenschaftlichen Erkenntnissen unterstützen eine Hochschulkultur, in der ein kritischer wissenschaftlicher Diskurs gelebt wird (vgl. Leitidee 2). Dabei geht es nicht darum, dass die künftigen Lehrpersonen selbst das Forschungshandwerk beherrschen und eigenständig forschen müssen, sondern sie sollen eine kritisch-reflexive Haltung entwickeln, die den Mehrwert von Theorie und Evidenz im Vergleich zu subjektiven Überzeugungen oder unüberprüften Alltagstheorien anerkennt – mit dem Ziel, die beruflichen Anforderungen besser bewältigen zu können. Künftige Lehrpersonen sollen im Studium lernen, die Glaubwürdigkeit von Aussagen zu beurteilen und «Fakenews» zu erkennen.

Das Ziel einer starken Verbindung der Leistungsbereiche sowie das Erzeugen gesellschaftlicher Praxisrelevanz erfordern eine entsprechende Personalrekrutierung und -entwicklung (vgl. Leitidee 6), idealerweise im Sinne des doppelten Kompetenzprofils. Dies bedeutet nicht, dass alle alles machen müssen, sondern vielmehr, dass sich das Team in seiner Expertise ergänzt, um die vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben zur Weiterentwicklung der Lernfördersysteme erfüllen zu können. Dazu gehört die Rekrutierung von qualifiziertem Personal, aber auch die Personalentwicklung (z.B. über Beratung oder Weiterbildungsangebote wie den CAS-Lehrgang «Förderorientierte Kompetenzdiagnostik») sowie die gezielte Nachwuchsförderung (z.B. über die Schaffung von Qualifikationsstellen).

Die Kernaufgabe von Forschung ist die Bereitstellung von fundiertem Wissen (vgl. Leitidee 1). Damit leistet Forschung & Entwicklung einen nachhaltigen Beitrag zu einer wissenschaftsbasierten Lehrerinnen- und Lehrerbildung, die aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Gesellschaft Rechnung trägt – beispielsweise hinsichtlich der Weiterentwicklung digitaler Tools für die Schule. So profitieren die Lernfördersysteme vom Wissen aus spezifischen Forschungsprojekten, etwa solchen zur Konstruktion von instruktionssensitiven Testitems (COINS). Erkenntnisse wie diejenigen aus dem vom SNF geförderten Projekt «COINS» sind beispielsweise für die ökonomische Konstruktion von qualitativ hochstehenden Testaufgaben in hoher Qualität von Bedeutung.

Die Akquise und die Durchführung solcher drittmittelfinanzierten Forschungsprojekte verfolgen das Ziel, Erkenntnisse zu gewinnen, die einen substanziellen Beitrag zur Sicherung und zur Weiterentwicklung der Qualität (vgl. Leitidee 4) der Lernfördersysteme leisten. Grundlegende Voraussetzung dafür ist, dass die Qualität der Forschungsprojekte selbst hoch ist und die Projekte sich an den wissenschaftlichen Standards orientieren. Auf diese Weise trägt der Leistungsbereich Forschung & Entwicklung massgeblich zur Sicherstellung der hohen Qualität einer wissenschaftsbasierten und zugleich praxisorientierten Lehrerinnen- und Lehrerbildung bei, die aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Gesellschaft begegnet und innovative Lösungen entwickelt.

Prof. Dr. Christian Brühwiler, Prorektor Forschung & Entwicklung

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