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Fokus

Im Bestreben um eine hohe Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist an der PHSG eine enge Verzahnung von Wissenschaftsbasierung und Praxisorientierung zentral. Dieses strategische Ziel der Evidenzbasierung geht von der Annahme aus, dass eine wirksame Lehrerinnen- und Lehrerbildung wie auch eine qualitätsvolle Weiterentwicklung pädagogischer Praxis nur dann gelingen können, wenn sie sich nicht auf Vermutungen oder Bauchgefühl stützen, sondern sich an gesicherten Erkenntnissen und nachvollziehbaren Argumenten orientieren. Mindestens zwei Arten der Evidenzbasierung lassen sich dabei unterscheiden: 1) die evidenzbasierte Lehrerinnen- und Lehrerbildung und 2) die evidenzbasierte Bildungspraxis.

Evidenzbasierte Lehrerinnen- und Lehrerbildung

Bei der evidenzbasierten Lehrerinnen- und Lehrerbildung geht es darum, Steuerungsentscheide unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu fällen, beispielsweise bei der Bestimmung von Kernpraktiken des Lehrberufs als grundlegenden Ausbildungszielen, bei der Festlegung curricularer Inhalte, bei der Sicherstellung der Kohärenz verschiedener Ausbildungsteile, hinsichtlich des Umfangs und der Art der berufspraktischen Ausbildung oder in Bezug auf die Führungs- und Organisationsstruktur der Hochschule.

Die Weiterentwicklung der Führungs- und Organisationsstruktur (WEFO) hat die PHSG in den vergangenen Jahren intensiv beschäftigt. Seit dem 1. September 2023 setzt die PHSG die neue (WEFO-)Organisationsstruktur mit zehn fachlich ausgerichteten Instituten und sieben Zentren mit Querschnittfunktionen um. In der neuen Organisation sind alle Institute dem vierfachen Leistungsauftrag verpflichtet, wodurch sich die Wissenszirkulation zwischen den vier Leistungsbereichen «Ausbildung», «Forschung & Entwicklung», «Weiterbildung» und «Dienstleistungen» stark intensiviert. Dadurch können Problemstellungen aus der beruflichen Praxis oder der Ausbildung von Lehrpersonen in der Forschung systematisch untersucht werden. Umgekehrt fliessen wissenschaftliche Erkenntnisse in die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen sowie in die Entwicklung von praxisrelevanten Produkten ein.

Mit der Bildung der zehn Institute wird Forschung & Entwicklung konsequent zur Aufgabe aller Institute gemacht. Sämtliche für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung relevanten Fachbereiche und Themengebiete können zum Forschungsgegenstand werden, was die Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis über die gesamte Hochschule hinweg stärkt. Trotz der Herausforderung, in sämtlichen Instituten der PHSG Forschung & Entwicklung zu etablieren, besteht nach wie vor der Anspruch, in spezifischen Forschungsgebieten nationale und internationale Ausstrahlung zu erlangen und den wissenschaftlichen Diskurs aktiv mitzugestalten.

Evidenzbasierte Bildungspraxis

Die evidenzbasierte Bildungspraxis bezieht sich darauf, dass Lehrpersonen oder Schulleitungen, aber auch Dozierende an Pädagogischen Hochschulen wissenschaftliche Theorien für ihr professionelles Handeln nutzen. So sollen die Studierenden an der PHSG im Verlaufe des Studiums Kompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichen, den gegenwärtigen und künftigen Anforderungen des Lehrberufs gerecht zu werden und sich als Lehrpersonen professionell weiterzuentwickeln.

Eine erfolgreiche Vorbereitung auf die Unterrichtspraxis vollzieht sich weder durch einseitige Bezugnahme auf wissenschaftliche Theorien und Erkenntnisse noch in einer einseitigen Ausrichtung an Praxiserfahrungen. Es bedarf deshalb sowohl wissenschaftsbasierter als auch praxisorientierter Lerngelegenheiten, um die Studierenden auf die anforderungsreiche Berufspraxis in der Schule oder in anderen pädagogischen Berufsfeldern vorzubereiten. Eine Schlüsselrolle nehmen diesbezüglich die Dozierenden ein, die zwischen den beiden Welten von Wissenschaft und Praxis vermitteln.

Zur Praxisrelevanz von Forschung & Entwicklung

Nimmt man die Forderung nach einer evidenzbasierten Praxis ernst, so benötigen Lehrpersonen fundiertes Wissen, um den beruflichen Anforderungen und dem Anspruch an hohe Professionalität gerecht zu werden. Dementsprechend nimmt der Leistungsbereich «Forschung & Entwicklung» der PHSG praxisrelevante Fragen auf, entwickelt Lösungen für die Bildungspraxis oder sucht nach gesicherten Erkenntnissen, die in die Ausbildung einfliessen.

Sowohl seitens der Forschung als auch seitens der Praxis kann jedoch leicht vergessen gehen, dass die Wirkungsweise von Forschungserkenntnissen keiner unidirektionalen Logik folgt. Praxisrelevanz lässt sich nicht einseitig durch die Forschenden erzeugen, selbst wenn sie eine noch so bahnbrechende Entdeckung gemacht haben wollen. Ob eine Erkenntnis praxisrelevant ist, wird letztlich von der Praxis bestimmt, das heisst von Lehrpersonen, Schulleitungen oder anderen pädagogischen Fachkräften. Kernaufgabe der Forschung ist es, ein Angebot an gesichertem Wissen bereitzustellen, das von der Praxis genutzt werden kann. Damit dies geschehen kann, muss die Praxis bereit sein, neues Wissen oder kontroverse Befunde aus der Forschung zu rezipieren – und die Forschung wiederum muss bereit sein, Impulse aus Praxiskontexten aufzunehmen. In diesem Sinne ist die Erzeugung von Praxisrelevanz in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung als gemeinsame Aufgabe von Forschenden, Dozierenden, Studierenden und Fachleuten aus der Praxis zu verstehen.

Wirkungsweisen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten

Verschiedentlich wird behauptet, Forschung generiere Wissen, das nicht in der Praxis «ankomme». Dies mag auf den ersten Blick plausibel sein, wenn man an Forschungsprojekte denkt, deren primäres Ziel in der Erweiterung und der Absicherung von Theorie- und Wissensbeständen besteht. Und unbestritten ist die Publikation von Forschungsbefunden in wissenschaftlichen Journals wichtig, um die Erkenntnisse anderen zugänglich zu machen und ihre wissenschaftliche Qualität intersubjektiv überprüfen zu lassen. Ebenso nachvollziehbar ist es, dass dies allein noch keine Auswirkung auf die Qualität von Unterricht oder den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler hat.

Vor dem Hintergrund solcher Erwägungen gilt es festzuhalten, dass die Wirkung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten auf die Praxis wesentlich vielschichtiger ist und auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen kann – direkt, indirekt oder auch zeitlich verzögert. Wie im vorliegenden Forschungsbericht dokumentiert, führt die PHSG eine Vielzahl von Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit engem Bezug zur Praxis durch. Dabei lassen sich mindestens vier Projektarten unterscheiden, die je unterschiedlich in die Praxis wirken.

(1) Projekte mit der Praxis gehen von Herausforderungen oder Anliegen aus der Praxis aus und werden direkt mit Praxispartnerinnen und Praxispartnern umgesetzt. Solche Projekte, bei denen oft Studierende mitwirken und wichtige Lernerfahrungen machen können, erzielen somit eine direkte Wirkung in die Praxis.

Projektbeispiele:

(2) Projekte für die Praxis entwickeln beispielsweise auf der Grundlage von fachdidaktischen oder bildungswissenschaftlichen Erkenntnissen Unterrichtsmaterialien, Lehrmittel oder digitale Tools, die von den Lehrpersonen im Unterricht eingesetzt bzw. von den Lernenden genutzt werden. Die in den Projekten gewonnene Expertise der Projektmitarbeitenden fliesst in die Aus- oder Weiterbildung von Lehrpersonen zurück.

Projektbeispiele:

(3) Anwendungsorientierte Forschungsprojekte haben zunächst das Ziel, Antworten auf Fragen aus der Berufspraxis zu finden und Erkenntnisse zu berufsfeldbezogenen Themen zu generieren. Die Wirkung in die Praxis erfolgt bei solchen unter anderem vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Projekten verzögert, zum Beispiel über die Einbindung der Erkenntnisse in der Aus- und Weiterbildung oder bei der nachgelagerten Erarbeitung von Praxishandbüchern, Handreichungen usw.

Projektbeispiele:

(4) Bildungsmonitoring-Projekte verfolgen das Ziel, systematisch Informationen und Erkenntnisse zum Bildungssystem zu erfassen und dieses Wissen für die Steuerung des Bildungssystems nutzbar zu machen.

Projektbeispiele:

Prof. Dr. Christian Brühwiler, Prorektor Forschung & Entwicklung